.Haro Senft

Fegefeuer
Spielfilm - 1971
Daten

 
Daten:
 
Länge: 2477 m / 35 mm
Laufzeit: 91 Min. / 24 B
  87 Min. / 25 B
Farbe / Format 1 : 1,66
   
Produktion: Haro Senft Fimproduktion, München
Regie: Haro Senft
Kamera: Klaus Müller-Laue
Musik: "Supertramp" und David Llywelyn
Schnitt: Jane Hempel
Produktionsleitung: Rainer Schmitt
   
FBW-Prädikat: "wertvoll"
Bundesspielfilmprämie 1971
   
Festivalbeteiligungen: VII. Internationale Filmfestspiele Moskau 1971
  XIV. Mostra Internationale del Film Autore 1971
  Film-In Luzern 1971  
  Internationales Filmfestival Aukland 1972
     
Besonderheiten: Einziger Film mit Originalmusik der Gruppe "Supertramp"
     

Alle Rechte bei Haro Senft Filmproduktion, München
Erstaufführung: Good Times Movies Filmverleih - 6.03.1971 - Berlin
Bisher keine Fernsehausstrahlung


   
Darsteller:
     
Jost Vobeck
Ingeborg Schöner
Paul-Albert Krumm
Andras Gönczöl
Valeria Ciangottini
Max Buchsbaum
Wolfgang Ulbrich
Annemaria Wendl
Stefan Forster
Rainer Schmitt
Lothar von Bechtoltsheim
Rudolf Emmer
Karl Obermayer    

   
Inhalt:
 

Daniel wird zufällig Zeuge eines Menschenraubes auf offener Straße. Nachdem seine
Anzeige bei der Polizei nicht die von ihm erhoffte Beachtung findet, sucht er selbst nach
einer Aufklärung und verstrickt sich dabei immer mehr in Zweifel gegenüber seiner
Umwelt und seinem eigenen Handeln. Durch sein Engagement sieht er sich zunehmend
der Gewalt ausgesetzt und tötet schließlich einen Menschen. Während des Verhörs
durch den Staatsanwalt durchlebt er das Fegefeuer seiner Bewusstwerdung.


   
Kritik:
 
Zu Haro Senfts „Fegefeuer“

Warum hat sich Haro Senft keinen dramatischen Konflikt aus der Sphäre bürgerlicher Existenz genommen ? Warum hat er nicht die Schwierigkeiten sozialer und politischer Konflikte konkret bebildert ? „Fegefeuer“ ist ein sperriger Film. Nicht deswegen, weil er von sich aus Schwierigkeiten machen würde, sondern weil er in seinem Betrachter die Neigung vorfindet, mit möglichst fassbaren Wahrheiten und Meinungen konfrontiert zu werden. Dinge, die der Film nicht liefert, weil er sie nicht liefern will.

Aus Gerechtigkeissinn interessiert sich der zufällige Zeuge einer Entführung für den Vorgang. Er lernt die Beteiligten, die Opfer kennen, prüft die Motive, findet sie in Ordnung und begeht zugunsten dieser seiner neuen Freunde einen Totschlag. Als er vor die Polizei geführt wird, als seine Existenz effektiv bedroht und durch keine Tat mit der Normalität zu arrangieren ist, beginnt für den Mann die Selbstprüfung der Motive für sein Engagement. Es bleibt nicht viel. Er hat reagiert. Manche mögen sein Verhalten lobenswert und uneigennützig finden; manche mögen es aus berechtigten Gründen verwerfen: spätestens in diesem Augenblick wird dem Mann klar, dass für ihn als individuelle, ausgeprägte Existenz samt der ihr zugeordneten Bedürfnisse die Anlehnung an moralische Kategorien ebenso wie an politische nicht ausreicht, um seine Tat zu rechtfertigen. Hat er sich also falsch verhalten ?

Mit dieser Fragestellung wird Haro Senfts Film zu einem politischen Film, weil er nach den Gründen nicht nur für außerordentliche, sondern auch für alltägliche Handlungen eines Menschen fragt und dabei zunächst zu dem Schluss kommt: selbst mutiges Engagement und mögliche Selbstaufopferung sind Funktionen vorgegebener, gesellschaftlicher Situationen, Antworten auf Herausforderungen, aber keinesfalls wesentliche und originäre Selbstäußerungen. Und da der Respekt vor sich selbst und vor den eigenen Notwendigkeiten unabdingbar für den Respekt für andere ist, nötigt Senft seine Hauptfigur zur Ehrlichkeit sich selbst gegenüber: die Analyse ist qualvoll, beklemmend und für den Betrachter die Darstellung eines Weges zur Selbstfindung.

Ehrlichkeit stößt ab, weil sie nicht gesellschaftsfähig ist. Senfts „Fegefeuer“ stößt deshalb bisweilen vor den Kopf. Umso mehr, als mit der Dauer des gezeigten Marsches eines Mannes ins eigene Bewusstsein (und Unterbewusstsein) im Zuschauer die Notwendigkeit entsteht, sich selbst infrage zu stellen.

Der Film formuliert keinen Appell: er tut so, als wäre die Aufforderung sich selbst zu finden und das zu tun, was dem einzelnen hilft, bereits allgemein anerkannt, das heißt, er ist von einem unverschämten Optimismus – was ebenfalls vor den Kopf stößt. Er glaubt einfach daran, dass Menschen mit einigermaßen gutem Willen das entdecken können, was sie nicht wollen und das finden, was sie wollen.
(Florian Hopf – filmrepoert 1971)


"Fegefeuer" ist ein mutiger Film, nicht nur was die Aussage anlangt. Auch in seiner Komposition, in der Führung der Farbkamera, in der Auswahl der Darsteller (Idealbesetzung ist Jost Vobeck, ein Berliner Schauspieler und Künstler) wirkt er mustergültig. Daß er zwiespältige Reaktionen hervorruft, hat Senft gewiß einkalkuliert. Ein Film dieser Kategorie, ein Film von diesem intellektuellen Format wird es hierzulande besonders schwer haben. Weil die Liebe zum Mitdenken beim Publikum bekanntlich noch immer nicht für eine Ehe mit solch unbequemen Filmen ausreicht.
(Peter W. Engelmeier)

   
Bilder:
 

Inge Schöner, Jost Vobeck

Jost Vobeck

Musik "Supertramp" 1970

Filmplakat 1971

DVD Cover


   
DVD:
 

Der Film steht ab Juli 2006 erstmalig als DVD (PAL) und VHS (PAL und NTSC)
zur Verfügung.

Der Film kann als DVD bei Amazon über folgenden Link bezogen werden oder hier

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